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Haus und Grund wehrt sich gegen Enteignungsidee

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Singen/ Hegau. Der Vorsitzende des Singener Haus- und Grundeigentümervereins, Bernhard Hertrich, nutzte die Jahreshauptversammlung im 100. Vereinsjahr, um die Mitglieder beizeiten zum Festakt am 15. November einzuladen. Anlässlich der „Jubiläums“ Jahreshauptversammlung informierte mit dem Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU) ein prominenter Referent zum Thema „Neuregelung der Grundsteuer“.

Neben Andreas Jung gratulierte auch der Singener Oberbürgermeister Bernd Häussler zum 100. Geburtstag. „Es war eine großartige Leistung der Singener, bereits 1919 diesen Verein zu gründen und sich in den 100 Jahren aktiv in die Stadtentwicklung einzubringen“, so Häussler in seinem Grußwort. Das Thema Mietwohnungsbau bleibe ein aktuelles und wichtiges Thema. Überwiegend Baugenossenschaften und private Investoren machten den Wohnungsbau möglich. Es gehe aber nicht immer so schnell wie gewünscht. Oft fehle die Bereitschaft, Grundstücke für den Mietwohnungsbau zu verkaufen. Die Idee einer Kreisbaugenossenschaft, die Bernhard Hertrich zuvor in seiner Rede als völlig unrealistisch bezeichnet hatte, wollte Häussler als Anstoß zur Diskussion verstanden wissen, gewissermaßen als Appell an die Nachbargemeinden, sich ebenfalls verstärkt für den Mietwohnungsbau verantwortlich zu fühlen. Eine Lanze brach der Oberbürgermeister für die soziale Marktwirtschaft und das Recht auf Eigentum angesichts der aktuellen Diskussionen um die mögliche Enteignung von Mietwohnungen.

Hertrich hatte zuvor bereits deutliche Kritik an der Idee der Enteignung geübt. Er wies darauf hin, dass das Recht auf Eigentum im Grundgesetz verankert sei. Die meisten Mietwohnungen von privaten Vermietern zur Verfügung gestellt würden und für die Immobilienbesitzer oft die Altersversorgung sei, um Renten aufzustocken. Es sei ja gerade der Wunsch des Staates, sich eine sinnvolle private Altersversorgung aufzubauen, was derzeit in Geldanlagen kaum möglich sei. „Und wo würden diejenigen wohnen, die nur mieten können, wenn private Eigentümer nicht mehr in Immobilien investieren und vermieten?“, fragt Hertrich. Der Anteil der Mietwohnungen von Genossenschaften, Bund, Ländern und Kommunen mache nur rund 12 Prozent aus. Das Problem fehlender Mietwohnungen liege doch woanders, nämlich in der Verteuerung des Bauens. Hertrich bemängelte erneut die vielfältigen Auflagen der Landesbauordnung ebenso wie die Verschärfungen zur Energieeinsparung seitens des Bundes. „Zwischen 2000 und 2016 sind die Baukosten um 49 Prozent gestiegen“, so Hertrich. „Diese Probleme werden durch Enteignung nicht gelöst.“

Auch im komplizierten System der Sonderabschreibung sieht Hertrich eine unsinnige Behinderung für Bauwillige. „Warum hat man nicht die früher schon bewährte einfache steuerliche Förderung durch degressive Abschreibung wieder aufleben lassen“, stellt er die Frage in den Raum.

Hertrich betont, dass der Haus- und Grundeigentümerverein bei allen Problemen rund um die Immobilie den Mitgliedern beratend und begleitend zur Seite steht. „Wir sind Ihr Dienstleister“. Als Motto des Vereins nennt er drei Bereiche: das Eigentum, den Schutz vor Eingriffen und Angriffen und die Gemeinschaft.

Prominenter Redner bei der „Jubiläums“-Jahreshauptversammlung

Bernhard Hertrich_Andreas Jung JHV 2019

Vorsitzender Bernhard Hertrich bedankt sich beim Bundestagsabgeordneten (CDU) Andreas Jung für sein Referat.
Rechts davon der Singener Oberbürgermeister Bernd Häussler.

Matthias Polkowski  JHV 2019

Als neuer Beirat wurde Immobilienexperte Matthias Polkowski im Rahmen der Jahreshauptversammlung gewählt.

Kompromiss bei der Neuregelung der Grundsteuer

Einen guten Kompromiss nennt der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) den aktuellen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Grundsteuer. Nach langem Ringen habe sich die Koalition auf eine offene, wettbewerbsfreundliche Version geeinigt. Dieser Entwurf muss allerdings noch bis Jahresende durch Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden. Da eine Grundgesetzänderung Voraussetzung ist, braucht das Gesetz eine zweidrittel Mehrheit. „Ich bin optimistisch und hoffe auf den Beschluss“, sagt Jung. Sollte das Gesetz nicht durchkommen, hätten die Kommunen nächstes Jahr nicht mehr die Möglichkeit, Grundsteuer zu erheben, was einen bedeutenden Einnahmeverlust nach sich ziehen würde.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Frist bis Ende 2019 für eine Neuregelung gesetzt, da die derzeitige Regelung Ungleichheit der Grundsteuer mit sich bringt. Sie stammt noch aus den Jahren 1964 in den alten Bundesländern und 1934 in den neuen Bundesländern. „Wir haben drei Ziele verfolgt - die Einnahmesicherung der Kommunen, Wohnen nicht teurer zu machen und Bürokratie zu vermeiden.““, so Jung. Das sei im Wesentlichen gelungen. Die Grundsteuer soll künftig auf den Faktoren Bodenrichtlinie und einer fiktiven Durchschnittsmiete berechnet werden. Das Gesetz enthält aber eine Öffnungsklausel für die Länder, sodass diese ihre eigene Grundsteuerberechnung ansetzen dürfen. Bayern etwa und einige neue Bundesländer ziehen ein reines Flächenmodell vor, das die Grundsteuer nur auf der Basis der Grundstücksgröße ansetzt. „Der Kompromiss bringt Rechtssicherheit und einen föderalistischen Wettbewerb“, verteidigt Jung das Ergebnis gegen die kritische Bezeichnung „Flickenteppich“. Die Länder haben unterschiedliche Gegebenheiten und können jetzt auch individuell entscheiden.“